Wer zu dicht baut, kann nicht den gesetzlichen Abstand bei der Bebauung des Nachbargrundstücks fordern

 

Ein Grundstückseigentümer, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, kann billigerweise nicht verlangen, dass sein Nachbar die Abstandsflächen freihält – so das OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 08.09.2015, Az.: 2 S 28.15)

 

Dem Beschluss des OVG lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Eigentümerin eines mit einem Einfamilienwohnhaus bebauten Grundstücks wandte sich gegen die ihrem direkten Nachbarn erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Garage. Das geplante Vorhaben halte die vorgegebenen Mindestabstandsflächen der Landesbauordnung nicht ein.

 

Dem war tatsächlich so; das Vorhaben des Nachbarn war zu dicht geplant.

 

Doch zeigte sich im Verlaufe des Verfahrens, dass die Bebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin in gleichem Maße die Anforderungen an die mindestens einzuhaltenden Abstandsflächen unterschritt.

 

In diesem Fall ging das Gericht davon aus, dass sich die Antragstellerin nach dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die abstandsrechtlichen Vorschriften berufen kann. Dies ergebe sich im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten.