Bau und Handwerkerleistungen – Abnahme durch Inbetriebnahme

 

Schließen Sie einen Werkvertrag (bspw. mit einem Handwerker oder Bauunternehmer), hat der Unternehmer ein Recht auf Abnahme nach Fertigstellung des Werkes. Sie als Auftraggeber sind grundsätzlich zur Abnahme verpflichtet, sobald das Werk im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt ist.

 

Rechtlich definiert bezeichnet Abnahme die körperliche Entgegennahme, verbunden mit der Anerkennung des Werkes als in der Hauptsache vertragsgemäße Leistung (zitiert nach Palandt, BGB Kommentar, 76. Aufl. 2017, § 640). Da die Abnahme erhebliche rechtliche Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis hat (z.B. Beginn der Verjährungsfristen, Umkehr der Beweislast, Fälligkeit der Vergütung…), kommt es häufig zu Streit darüber, ob eine Abnahme bereits stattgefunden hat oder nicht.

 

Das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 10.08.2017, Az.: 6 U 54/16) hatte sich mit den Voraussetzungen der sogenannten „Abnahme durch Inbetriebnahme“ auseinanderzusetzen. Bei dieser Form der Abnahme kommt es nicht zu einer ausdrücklichen Erklärung des Auftraggebers, dass er das hergestellte Werk so als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung anerkennt. Vielmehr nimmt der Auftraggeber das ihm überlassene Werk in Betrieb, d.h. er beginnt das Werk zu nutzen, und bringt so zum Ausdruck, dass er das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß akzeptiert. Eine Abnahme durch Inbetriebnahme liegt beispielsweise vor, wenn sie nach Verlegung des Parketts (= bestelltes Werk) beginnen die Räume einzurichten, mit Möbeln auszustatten und als Wohnraum zu nutzen ohne dass es vorher zu einer förmlichen Abnahme gekommen ist.

 

Doch nicht jede Inbetriebnahme impliziert auch automatisch eine Abnahme. Als Leitsatz der oben zitierten Gerichtsentscheidung kann festgehalten werden: „In der Fortführung des Baus und der Inbetriebnahme des Objekts liegt keine Abnahme der Arbeiten des Auftragnehmers durch den Auftraggeber, wenn dieser durch sein Verhalten das Werk des Auftragnehmers nicht stillschweigend als im Wesentlichen vertragsgerechte Leistung billigt.“

 

Der Auftraggeber hatte die Abnahme zunächst wegen gravierender Mängel des Bauwerks verweigert. Nach einigen Nachbesserungsarbeiten des Bauunternehmens hat der Auftraggeber die Rohbauarbeiten des Bauunternehmers zwar in Betrieb genommen. Er hat aber weiterhin die Ansicht vertreten, dass eine Abnahme nicht erfolgt sei und immer noch nicht erfolgen könne, da weiterhin gravierende Mängel bestehen. Die Zahlungsklage des Bauunternehmens wurde in zwei Instanzen abgewiesen. Das Oberlandesgericht führte dazu aus: „In der Fortführung des Baus und der Inbetriebnahme des Objekts liegt keine Abnahme der Rohbauarbeiten der Klägerin durch den Beklagten. Dieser hat durch dieses Verhalten das Werk der Klägerin nicht stillschweigend als im Wesentlichen vertragsgerechte Leistung gebilligt. Indem er in dem Abnahmeprotokoll vom 05. März 2014 angekreuzt und unterschrieben hat „Die Abnahme wird wegen fehlender Leistung bzw. gravierenden Mängeln abgelehnt‘, hat er ausdrücklich das Gegenteil erklärt.“

 

Als Auftraggeber sollten sie eine Abnahme nur erklären, wenn sie das Werk grundsätzlich als vertragsgemäß akzeptieren. Sie dürfen die Abnahme allerdings nicht wegen bloß unwesentlicher Mängel verweigern; sehr wohl aber, wenn das Werk unfertig/unvollständig ist und/oder unter gravierenden Mängeln leidet. Sollten Sie das Werk nicht abnehmen, trotzdem aber bereits nutzen wollen, sollten Sie dem Unternehmer gegenüber klar und im Nachhinein belegbar zu verstehen geben, dass in der Inbetriebnahme in diesem Fall keine Abnahme zu sehen ist.

 

Als Unternehmer sollten Sie sich die Abnahme möglichst schriftlich bestätigen lassen. Da die Abnahme Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohn ist und Beginn der Verjährungsfristen kennzeichnet, sollten Sie auf eine zeitnahe und im Nachhinein belegbare Abnahme achten.

 

Das Thema Abnahme (förmliche Abnahme, fingierte Abnahme, Abnahme durch Inbetriebnahme…) ist komplex und folgenschwer. Dieser Artikel beleuchtet nur einen Teilaspekt. In der Praxis sollten Sie Ihre Schritte dokumentieren und im Zweifel rechtlichen Rat einholen, da die Entscheidung der Frage, ob eine Abnahme bereits erfolgt ist, für beide Vertragsparteien mit erheblichen Nach- sowie Vorteilen verbunden sein kann.