Erste Urteile zum VW-Skandal

In einem früheren Artikel hatten wir bereits über den VW-Skandal bzw. den VW-Abgasskandal (oder Dieselgate) berichtet. Zwischenzeitlich sind die ersten Urteile anhängiger Klagen vor deutschen Gerichten ergangen.

Vorgeschichte

Am 18. Februar 2015 richtete die US Umweltschutzbehörde (EPA) eine „Notice of Violation“ an die Volkswagen AG mit dem Vorwurf, gegen den Clear Air Act verstoßen zu haben. Im Detail wurde dem Konzern vorgeworfen, eine Software entwickelt und und zahlreichen Dieselfahrzeugen eingebaut zu haben, die in der Lage ist, Prüfungssituationen zu erkennen und in diesen Situationen die Abgasaufbereitung derart optimiert, dass möglichst wenig Stickoxide (NOx) entstehen. Während des normalen Fahrbetriebes werden Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb gesetzt, so dass der NOx-Ausstoß höher ist.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe schaltete sich das US-Justizministerium ein, VW drohen Strafen in Miliardenhöhe. Mittlerweile sind eine Vielzahl von Schadensersatzklagen von privaten Käufern in den Vereinigten Staaten anhängig.

In Deutschland legte der VW-Konzern dem Kraftfahrtbundesamt einen Maßnahmenkatalog vor, der beinhaltete, dass der Konzern an allen in Deutschland betroffenen Fahrzeugen Nacherfüllungsmaßnahmen durchführen wird. Diese sollen für die betroffenen Kunden kostenfrei sein. In der Folge wurden die betroffenen Kunden angeschrieben und darauf hingewiesen, dass sie erneut benachrichtigt würden, wenn die Nacherfüllungsarbeiten für deren Fahrzeuge beginnen sollen.

Dennoch forderten eine Vielzahl von Kunden die Rückabwicklung von ihren Kaufverträgen. Da Sammelklagen in Deutschland nicht zulässig sind, schlossen sich eine Vielzahl von Kunden über eine niederländische Stiftung einer Sammelklage an.

In Deutschland haben mittlerweile die Landgerichte Münster und Bochum erste Urteile gefällt und die Rechte von Käufern nicht unbedimgt gestärkt.

Kein Anspruch auf Rückabwicklung

Beide Gerichte hatten die geltend gemachten Ansprüche auf Rückabwicklung der Kaufverträge mit ähnlichen Begründungen zurückgewiesen.

Zwar kamen beide Gerichte zu dem Ergebnis, dass die von dem VW-Skandal betroffenen Fahrzeuge mangelhaft seien und dass den Käufern ein Anspruch auf Nacherfüllung zustehe, einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages verneinten beide Gerichte jedoch.

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vertrat die Ansicht, dass es an der erheblichen Pflichtverletzung der Autohäuser fehle, da diese nicht die Hersteller der Fahrzeuge seien, diesen kein großes Verschulden vorgeworfen werden könne und das Verschulden des Herstellers den Autohäusern nicht zugerechnet werden könne.

Die 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster führte zudem aus, dass der Käufer ausschließlich einen Anspruch darauf habe, dass das Fahrzeug die zum Zeitpunkt des Kaufes einschlägigen Abgasnormen sowie die technischen Angaben im Datenblatt einhalte.

Beide Gerichte vertraten zudem die Ansicht, dass der Schaden wegen des vom VW-Konzern angegebenen Kostenaufwandes von 100 € unterhalb der Bagatellgrenze liege, was einen Anspruch auf Nacherfüllung ausschließe.

Gegen beide Urteile ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben, so dass das letzte Wort wahrscheinlich noch nicht gesprochen ist.

Fazit

Zunächst stärken die Urteile der Landgerichte Bochum und Münster die Position der Autohändler und des VW-Konzerns. Es ist durchaus möglich, dass sich weitere Landgerichte der Rechtsauffassung anschließen. Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass sich die im Falle der Berufung zuständigen Oberlandesgerichte dieser Rechtsaufassung ebenfalls anschließen werden. Im Ergebnis wird wohl der Bundesgerichtshof über die Frage zu entscheiden haben.

Die Position der Kunden wird durch folgendes gestätkt:

In einem Schiedsverfahren gegen die ARAG Rechtschutzversicherung, die die Deckung wegen mangelnder Erfolgsaussicht unter Verweis auf das Landgericht Bochum ablehnte, kamen zwei von der zuständigen Rechtsanwaltskammer in Auftrag gegebene Rechtsgutachen zu dem Ergebnis, dass ein Rückabwicklungsanspruch der Käufer bestehe.