Arbeitszeugnis – Nachweispflicht des Arbeitnehmers

Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis mit der Leistungs- und Führungsnote „befriedigend“ aus, so ist grundsätzlich der Arbeitnehmer darlegungs- und beweisbelastet, wenn er ein Arbeitszeugnis mit einer besseren Note begehrt, so entschied das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 18.11.2014, Az. 9 AZR 584/13.

Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine Bürofachkraft, die im Empfangsbereich einer Zahnarztpraxis beschäftigt war. Zu ihrem Aufgabenkreis gehörten neben Patientenbetreuung, Praxisorganisation und Terminvergaben auch das Erstellen von Rechnungen und Ausfertigung der Dienst- und Urlaubspläne. Zusätzlich half sie auch beim Praxisqualitätsmanagement. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellte ihr der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis aus. Dieses enthielt die Formulierung „zur vollen Zufriedenheit“, was der Schulnote befriedigend entspricht. Nach Ansicht der Arbeitnehmerin müsse das Arbeitszeugnis jedoch die Formulierung „stets zur vollen Zufriedenheit“ enthalten, was der Schulnote „gut“ entspricht.

Die Arbeitnehmerin erhob daraufhin Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht mit dem Ziel, dass das Arbeitszeugnis entsprechend korrigiert werden müsse. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg begründete die Entscheidung mit Urteil vom 21. März 2013, Az. 18 Sa 2133/12 damit, dass es dem Arbeitgeber nicht gelungen sei, darzulegen und zu beweisen, dass die Formulierung im Arbeitszeugnis, wie sie von der Arbeitnehmerin begehrt wurde, nicht zutreffend sei. Das Landesarbeitsgericht führte weiterhin aus, dass gemäß einer herangezogenen Studie 90% der untersuchten Arbeitszeugnisse die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufwiesen.

Der Arbeitnehmer hatte mit der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Der 9. Senat führte aus, dass auch die durch das Landesarbeitsgericht herangezogenen Studien nicht geeignet seien, die Darlegungs- und Beweislast zu Ungunsten des Arbeitgebers umzudrehen. Ansatzpunkt bei der Benotung der Leistung eines Arbeitnehmers im Arbeitszeugnis sei grundsätzlich die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Wenn der Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis in der oberen Notenskala begehre, müsse er auch darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist.

Abschließend stellte das Bundesarbeitsgericht klar, dass die durch das Landesarbeitsgericht herangezogenen Studien nicht geeignet seien, den Nachweis zu erbringen, dass 90% der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis mit den Noten „gut“ oder „sehr gut“ ausstellen, da nicht ausgeschlossen sei, dass im Rahmen der Studien Gefälligkeitszeugnisse berücksichtigt wurden. Ein grundsätzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitszeugnis in der oberen Notenskala sei im Übrigen schon deshalb ausgeschlossen, da sich der Anspruch gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO nur auf ein inhaltlich „wahres“ Arbeitszeugnis richte. Ein Arbeitszeugnis müsse nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da dieses nun als Tatsacheninstanz zu prüfen habe, ob das Vorbringen der Arbeitnehmerin ein Arbeitszeugnis in der oberen Skala rechtfertige und ob der Arbeitgeber hiergegen beachtliche Einwände vorbringen könne.