Ein Eigentümer darf einer Eigentümerversammlung fernbleiben oder sie vorzeitig verlassen!

Diese Feststellung mag selbstverständlich klingen. Sie ist es aber nicht. Denn im GmbH-Recht etwa ist das anders. Dort besteht eine sog. Treuepflicht, die den Gesellschafter zur Teilnahme an Versammlungen drängt; bleibt der Gesellschafter einer Versammlung fern, verliert er Rechte.

Im Wohnungseigentumsrecht verliert der Eigentümer in solch einer Situation keine Rechte. Dort darf der Eigentümer eine Versammlung verlassen, dadurch die Beschlussfähigkeit der Versammlung aushebeln und später dennoch Beschlüsse anfechten, die nach seiner Abwesenheit trotz fehlender Beschlussfähigkeit gefasst werden. Das entschied jetzt jedenfalls das AG Neumarkt (Urt. v. 20. August 2015 – 4 C 5/14 WEG).

Ein einzelner Eigentümer kann auf diese Weise eine Eigentümergemeinschaft lahmlegen. Doch nicht für lange. Zwar kann die WEG in der Erstversammlung nicht mehr beschließen. Die Gemeinschaft hat aber die Möglichkeit einer Zweitversammlung – also einer Wiederholungsversammlung zu denselben Tagesordnungspunkten. Für die Zweitversammlung gilt keine Mindestanwesenheit von Eigentümern um beschlussfähig zu sein; Beschlüsse aus der Zweitversammlung können daher nicht mehr mit dem Argument der fehlenden Beschlussfähigkeit angefochten werden.