Terrorgefahr – Kein Rücktritt wegen höherer Gewalt

Eine erhöhte Terrorgefahr berechtigt Kunden eines Reiseveranstalters nach Ansicht des Amtsgerichts München nicht grundsätzlich dazu, von einer gebuchten Urlaubsreise zurück zu treten.

Im vorliegenden Fall hatte ein Ehepaar im Juni 2014 eine Rundreise durch Marokko mit den Zielen Rabat, Marrakesch und Casablanca für den Zeitraum vom 15. April 2014 bis zum 22. April 2014 gebucht. Im November 2014 erklärte das Ehepaar den Rücktritt von der Urlaubsreise. Es begründete den Rücktritt mit der gesamtpolitischen Lage in Marokko. Diese habe sich seit Buchung der Reise im Juni 2014 wegen dramatischer und nicht vorhersehbarer Terrorakionen zum Negativen hin verändert. Die nunmehr erhöhte Terrorgefahr begründe einen Rücktritt wegen höherer Gewalt.

Des Weiteren begründete das Ehepaar den Rücktritt damit, dass der Veranstalter weder vor noch bei der Reisebuchung weder mündlich noch schriftlich in Form einer allgemeinen oder konkreten Reisewarnung darüber informiert habe, dass eine zunehmende Gefahr bestehe, dass die Ebola Epidemie, die in Westafrika herrschte, auch auf Marokko übergreife.

Der Reiseveranstalter veranschlagte eine Stornogebühr von 20 Prozent des Reisepreises, die er mit dem bereits gezahlten Vorschuss verrechnete. Hiergegen setzte sich das Ehepaar zur Wehr und begehrte im Klageverfahren vor dem Amtsgericht München die Rückzahlung der Stornogebühr.

Das Reiseunternehmen wehrte sich in dem Verfahren unter anderem mit dem Argument, dass Marokko, aber auch andere Urlaubsländer – wie zum Beispiel die Türkei – seit dem sogenannten arabischen Frühling im Frühjahr 2011 immer wieder anschlagsgefährdet seien. Eine konkrete Gefährdungslage habe zum damaligen Zeitpunkt nicht vorgelegen.

Das Amtsgericht München wies die Klage mit folgender Begründung ab:

Ebola Epidemie

Die Ebola Epidemie grassiere seit Sommer 2014 in Westafrika. Eine Verbreitung in andere afrikanische Länder sei per se nicht auszuschließen. Insofern sei die Situation im Sommer 2014 bei Buchung der Reise nicht schlechter gewesen als im November 2014, als der Rücktritt erklärt wurde.

Terrorgefahr

Eine erhöhte Gefahr von terroristischen Anschlägen mit islamischem Hintergrund habe in sämtlichen nordafrikanischen Ländern seit dem sogenannten arabischen Frühling im Jahr 2011 und der zunehmenden Destabilisierung Libyens bestanden. Folglich sei auf die erhöhte Terrorgefahr in dieser Region nicht nur durch das Auswärtige Amt, sondern auch in regelmäßigen Abständen in Presse, Funk und Fernsehen hingewiesen worden. Von einem Akt höherer Gewalt könne in diesem Fall nicht ausgegangen werden. „Höhere Gewalt“ sei ein von außen kommendes Ereignis, das in keinem betrieblichen Zusammenhang zum Reiseveranstalter steht, zum Beispiel Epidemien, Naturkatastrophen, der Fall Tschernobyl oder bürgerkriegsähnliche Zustände in einem Land. Hiervon müsse das allgemeine Lebensrisiko abgegrenzt werden. Zu diesem zählen allgemeine politische Krisen, die schon seit Längerem bestehen und die die Durchführung der konkreten Reise nicht verhindern.

Das Amtsgericht München gab den Klägern zwar insofern Recht, dass sich die Sicherheitslage weltweit insbesondere durch den IS-Terrorismus nach Angaben des Auswärtigen Amtes verschlechtert habe, dies gelte aber nicht nur für Marokko, sondern auch für eine ganze Reihe andere – auch europäischer – Länder. Eine konkrete Gefahr, die am Antritt des Urlaubs hindere, könne das Gericht nicht erkennen.

Abschließend liege auch keine Verletzung der Aufklärungspflicht des Reiseveranstalters vor. Zum einen, da nicht sicher beurteilt werden könne, wie sich die konkrete Sicherheitslage in diesen Ländern entwickelt, zum anderen seien Reiseveranstalter gegenüber den zuständigen staatlichen Stellen weitaus weniger kompetent, was die Einschätzung der Sicherheitslage angehe.

Das Urteil des Amtsgericht München vom 12.08.2015 (Aktenzeichen 231 C 9637/15) zeigt, dass der Anstieg der Terrorgefahr in einem Reiseziel nicht grundsätzlich den Rücktritt von der Urlaubsreise rechtfertigt, es schließt diese Möglichkeit aber auch nicht grundsätzlich aus. Inwiefern der Kunde zum Rücktritt berechtigt ist, muss unter Berücksichtigung der Gesamtumstände bei dem jeweiligen Einzelfall gesondert geprüft werden. An dieser Stelle müssen insbesondere die Vorhersehbarkeit der Lage zum Zeitpunkt der Buchung sowie Hinweise des Auswärtigen Amts berücksichtigt werden.