Der Anfang vom Ende der Schönheitsreparaturen

Der Bundesgerichtshof hat in drei wegweisenden Entscheidungen im Jahr 2015 die Voraussetzungen für eine wirksame Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter soweit eingeschränkt, dass nur noch unter engen Vorgaben der Mieter verpflichtet werden kann bzw. aus aktuellen Mietverträgen verpflichtet sein wird, Schönheitsreparaturen durchzuführen.

Hierbei handelt es sich um folgende Entscheidungen:

Schönheitsreparaturpflicht bei unrenovierter Wohnung nur in Ausnahmefällen

BGH, Urt. v. 18. März 2015 – VIII ZR 185/14

a) Die formularvertragliche Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung hält der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt (insoweit Aufgabe von BGH, Rechtsentscheid vom 1. Juli 1987, VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253).

b) Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder völlig abgewohnt ist. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist, wobei solche Gebrauchsspuren außer Acht bleiben, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln.

c) Angesichts der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen unterliegt die Beurteilung, ob eine Wohnung dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden ist, einer in erster Linie dem Tatrichter vorbehaltenen Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalles maßgeblichen Umstände.

d) Beruft der Mieter sich auf die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel, obliegt es ihm, darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war. Die Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung einer angemessenen Ausgleichsleistung trifft den Vermieter.

Die Mieter waren nach Maßgabe des Mietvertrages zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet. Solche führten Sie jedoch zum Ende des Mietverhältnisses nicht aus, weshalb der Vermieter Schadensersatz begehrte. Die Mieter beriefen sich darauf, die Wohnung sei zu Beginn des Mietverhältnisses nicht renoviert gewesen, weshalb sie auch bei Ende keine Entsprechenden Maßnahmen schuldeten.

Der Bundesgerichtshof gab den Mietern Recht und damit seine bisherige Rechtsprechung auf. Grund hierfür sei der geänderte Umgang mit geltungserhaltenden Reduktionen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Vor einer solchen Erhaltung sei der Bundesgerichtshof abgerückt. Im Lichte dieser Rechtsentwicklung sei eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferleg, unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Denn eine solche Klausel verpflichte den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führe – jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung – dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste als er sie selbst vom Vermieter erhalten habe. In der für einen Mieter als Gegner des Klauselverwenders ungünstigsten Auslegung könnte der Mieter bei entsprechendem Zustand der Mieträume sogar bereits unmittelbar nach Mietbeginn zur Renovierung verpflichtet sein, obwohl die Abnutzung der Wohnung nicht auf ihn zurückgehe.

In diesem Zusammenhang bot der Bundesgerichtshof auch Anknüpfungspunkte dafür, wann eine Wohnung renoviert ist und wann nicht. Unrenoviert oder renovierungsbedürftig sei eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder gar völlig abgewohnt ist. Auch in der Vergangenheit habe der Senat nicht zwischen mehr oder weniger abgewohnten Mieträumen unterschieden. Maßgeblich sei, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweise. Auf eine Abgrenzung zwischen einer nicht renovierten und einer renovierungsbedürftigen Wohnung komme es dabei nicht an, weil beide Begriffe Mieträume mit Gebrauchsspuren beschreiben und die Grenze fließend sei.

Um vorvertragliche Abnutzungs- und Gebrauchsspuren zu beseitigen und damit eine „renovierte“ Wohnung zu übergeben, müsse der Vermieter die Mieträume bei Vertragsbeginn allerdings nicht stets komplett frisch renovieren. Im Einzelfall könne die Vornahme geringer Auffrischungsarbeiten genügen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) blieben überdies Abnutzungs- und Gebrauchsspuren außer Acht, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fielen. Es komme letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermittelten. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen unterliege das einer in erster Linie dem Tatrichter vorbehaltenen Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalles maßgeblichen Umstände.

Dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert gewesen sei, habe der Mieter darzulegen und zu beweisen. Dabei stünden dem Mieter verschiedene Beweismittel zur Verfügung. Er könne bei Mietbeginn darauf hinwirken, dass ein gemeinsames Übergabeprotokoll gefertigt werde; daran wird – so mutmaßt der Bundesgerichtshof – regelmäßig auch der Vermieter Interesse haben. Des Weiteren könne der Mieter den Zustand der Wohnung bei Mietbeginn fotografisch festhalten. Beweiswert komme auch Belegen zu, welche die Renovierungskosten des Mieters dokumentierten. Schließlich könnten etwaige Helfer aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis oder beauftragte Handwerker als Zeugen für den Zustand der Wohnung bei Mietbeginn benannt werden.

Trotz all dessen verblieben aber auch Möglichkeiten, dem Mieter die Pflicht zu Schönheitsreparaturen aufzubürden, auch wenn die Wohnung bei Mietbeginn nicht renoviert war. Das hänge davon ab, ob die Verpflichtung des Mieters zur Beseitigung vorvertraglicher Abnutzungsspuren durch einen vom Vermieter gewährten Ausgleich kompensiert werde, durch den der Mieter so gestellt wird, als sei ihm renovierter Wohnraum überlassen worden. Die Parteien könnten sich etwa dafür entscheiden, dass der Mieter zum Ausgleich für den Renovierungsaufwand für eine bestimmte Zeit weniger oder gar keine Miete zu entrichten hat. Die Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung einer angemessenen Ausgleichsleistung obliege dem Vermieter als Klauselverwender, da es sich um besondere tatsächliche Umstände handele, die eine Benachteiligung des Vertragspartners dennoch gerechtfertigt erscheinen lassen könnten.

Unwirksamkeit von Quotenabgeltungsklauseln

BGH, Urt. v. 18. März 2015 – VIII ZR 242/13

Quotenabgeltungsklauseln benachteiligen den Mieter nach § 307 Abs. 1 BGB unangemessen und sind daher unwirksam, weil sie von dem Mieter bei Vertragsschluss verlangen, zur Ermittlung der auf ihn im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zukommenden Kostenbelastung mehrfach hypothetische Betrachtungen anzustellen, die eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zulassen.

Die Parteien stritten u.a. um Schönheitsreparaturkosten nach einer vertraglichen Quotenabgeltungsklausel. Der streitgegenständliche Mietvertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:

„3. Abgeltung bei Auszug (Quotenklausel):

Sind bei Beendigung des Mietverhältnisses einzelne oder sämtliche Schönheitsreparaturen noch nicht fällig, so hat der Mieter die zu erwartenden Kosten zeitanteilig an den Vermieter im Allgemeinen nach folgender Maßgabe (Quote) zu bezahlen: Liegen die letzten Schönheitsreparaturen gerechnet ab Übergabe der Mietsache während der Mietzeit bei den Nassräumen (Küchen, Bädern und Duschen) länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 33,33 % der Kosten; liegen sie länger als 2 Jahre zurück 66,66 %. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit bei den Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 20 % der Kosten, liegen sie länger als 2 Jahre zurück 40 %, länger als 3 Jahre 60 %, länger als 4 Jahre 80 %. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit bei allen anderen Nebenräumen länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 14,28 % der Kosten, liegen sie länger als 2 Jahre zurück 28,56 %, bei mehr als 3 Jahren 42,84 %, bei mehr als 4 Jahren 57,12 %, bei mehr als 5 Jahren 71,40 %, und bei mehr als 6 Jahren 85,68 %. Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit für Fenster, Türen, Heizkörper, Versorgungsleitungen und an Einbaumöbeln länger als ein Jahr zurück, so zahlt der Mieter 16,66 % der Kosten, nach 2 Jahren 33,33 %, nach 3 Jahren 50 %, nach 4 Jahren 66,66 %, nach 5 Jahren 83,33 %.

Dem Mieter bleibt es unbenommen nachzuweisen, wann und in welchem Umfang die Wohnung zuletzt renoviert wurde und dass der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der oben genannten Fristen zulässt. Führt der Mieter diesen Nachweis, so hat der Vermieter die Quote nach billigem Ermessen angemessen zu senken.

Die Berechnung erfolgt aufgrund eines Kostenvoranschlags eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachbetriebs. Dem Mieter bleibt es unbenommen, den Kostenvoranschlag des Vermieters anzuzweifeln, indem er den Kostenvoranschlag eines anderen Malerfachbetriebs beibringt.

Der Mieter hat die Möglichkeit, selbst zu renovieren und seine Zahlungspflicht abzuwenden. Die Schönheitsreparaturen müssen fachgerecht in mittlerer Art und Güte ausgeführt werden. Ist der Mieter einer entsprechenden Aufforderung mit Fristsetzung nicht oder nur unzureichend nachgekommen, so hat er die entsprechende Quote gemäß Kostenvoranschlag zu zahlen.

4. Die Fristen gemäß Ziffer 2 und 3 beginnen ab Übergabe der Mietsache zu laufen. Sie beginnen für die einzelnen Räume nach fachgerechter Erledigung der Arbeiten jeweils wieder neu. Der Mieter kann nachweisen, dass die Mietsache nach Ablauf der genannten Fristen noch nicht renovierungsbedürftig ist.“

Der Bundesgerichtshof gab den Mietern Recht. Denn Quotenabgeltungsklauseln, die dem Mieter einer Wohnung einen Teil der zukünftig entstehenden Kosten für Schönheitsreparaturen für den Fall auferlegen, dass das Mietverhältnis vor Fälligkeit der ihm durch eine weitere Formularbestimmung übertragenen Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen endet, benachteiligten den Mieter nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen und seien daher unwirksam, weil sie von ihm verlangten, zur Ermittlung der auf ihn bei Vertragsbeendigung zukommenden Kostenbelastung mehrere hypothetische Betrachtungen anzustellen, die eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zuließen. Damit gab der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung auf.

Denn es sei für den durchschnittlichen und verständigen Mieter bei dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht erkennbar, welcher tatsächliche Abnutzungsgrad der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses, dessen Zeitpunkt bei Vertragsschluss noch nicht feststehe, unter Zugrundelegung seines (möglicherweise Veränderungen unterworfenen) individuellen Nutzungsverhaltens erreicht sein werde. Aber nicht nur der tatsächliche Zustand der Wohnung bei Vertragsende sei für den Mieter bei Vertragsschluss nicht einschätzbar. Um eine Kostenquote ermitteln zu können, sei darüber hinaus die empirische Prognose notwendig, zu welchem Zeitpunkt bei unterstellter gleicher Nutzungsart und gleicher Nutzungsintensität voraussichtlich Renovierungsbedarf eintreten werde. Quotenabgeltungsklauseln verlangten vom Mieter daher bei Vertragsschluss seine bei Beendigung des Mietverhältnisses bestehende Zahlungspflicht aufgrund eines in der Zukunft liegenden, auf mehreren Variablen beruhenden hypothetischen und damit fiktiven Sachverhalts einzuschätzen. Derartige Bestimmungen benachteiligen den Mieter nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen und seien unwirksam.

Zur Gesamtunwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel auch bei Aufspaltung der Regelung in mehrere Vertragspassagen

BGH, Urt. v. 18. März 2015 – VIII ZR 21/13

Die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ist, soweit sie dem Mieter im Mietvertrag auferlegt ist, eine einheitliche, nicht in Einzelmaßnahmen aufspaltbare Rechtspflicht mit der Folge, dass die Unwirksamkeit der einen Einzelaspekt dieser einheitlichen Rechtspflicht betreffenden Formularbestimmung in der gebotenen Gesamtschau der Regelung zur Unwirksamkeit der gesamten Vornahmeklausel führt. Dies gilt auch, wenn die inhaltliche Ausgestaltung der einheitlichen Rechtspflicht in verschiedenen, sprachlich voneinander unabhängigen Klauseln des Mietvertrags geregelt ist.

Der streitgegenständliche Mietvertrag enthielt die beiden folgenden vorformulierten Klauseln:

„4. Da in der Miete hierfür keine Kosten kalkuliert sind, ist der Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen hinsichtlich der Malerarbeiten an Wänden und Decken, in Küche, Bad und Duschräumen alle 3 Jahre, in Wohn- und Schlafzimmern, Flur, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre sowie in sonstigen Räumen alle 7 Jahre, jeweils gerechnet vom Beginn des Mietverhältnisses (bzw. soweit Schönheitsreparaturen nach diesem Zeitpunkt vom Mieter fachgerecht durchgeführt wurden, von diesem Zeitpunkt an), fachgerecht auszuführen. […]

5. Da in der Miete hierfür keine Kosten kalkuliert sind, ist der Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in Bezug auf das Lackieren der Fenster und der Wohnungseingangstüre von Innen, der Wohnungstüren sowie der Heizkörper einschließlich der Heizrohre alle 5 Jahre, jeweils gerechnet vom Beginn des Mietverhältnisses (bzw. soweit Schönheitsreparaturen nach diesem Zeitpunkt vom Mieter fachgerecht durchgeführt wurden, von diesem Zeitpunkt an), fachgerecht durchzuführen, es sei denn, sie sind nicht erforderlich, da keine Lackabplatzungen, kein Nachdunkeln etc. vorhanden sind. Dieselbe Durchführungsverpflichtung und Ausführungsfrist gilt für das Schamponieren von Teppichen. […]“

Weil die Mieter nach Ende des Mietverhältnisses keine Schönheitsreparaturen ausführten, verlangte der Vermieter Schadensersatz.

Der Bundesgerichtshof gab den Mietern Recht, weil die mietvertragliche Schönheitsreparaturklausel insgesamt unwirksam sei. Das nicht in einzelne Bestandteile trennbare Klauselwerk sehe in seiner Gesamtheit keine bedarfsorientierte, flexible Vornahmepflicht des Mieters vor. Die Regelung zu Ziff. 4 benachteiligen den Mieter nach Maßgabe der Rechtsprechung zu starren Fristen unangemessen, sei daher unwirksam. Die Regelung zu Ziff. 5 sehe für sich genommen zwar keine starre Fristen vor, weil es dort heißt „es sei denn, sie sind nicht erforderlich“. Doch könne die Regelung zu Ziff. 5 nicht isoliert wirksam bleiben, während die Regelung zu Ziff. 4 unwirksam sei. Denn hiergegen spreche eine gebotene Gesamtbetrachtung, welche beide Regelungen zu Ziffn. 4 und 5 unwirksam werden lasse. Denn die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen sei, soweit sie dem Mieter im Mietvertrag auferlegt ist, eine einheitliche, nicht in Einzelmaßnahmen aufspaltbare Rechtspflicht mit der Folge, dass die Unwirksamkeit der einen Einzelaspekt dieser einheitlichen Pflicht betreffenden Bestimmung in der gebotenen Gesamtschau der Regelung zur Unwirksamkeit der gesamten Vornahmeklausel führe.