Urlaubsansprüche und Entgeltfortzahlung sind im Krankheitsfall im Insolvenzverfahren vorrangig! Die Zahlung kann vom Insolvenzverwalter nicht verweigert werden.
Das BAG hat mit Urteil vom 25.11.2021 unter Aufgabe der alten Rechtsprechung entschieden, dass Ansprüche, denen keine Wertschöpfung für die Insolvenzmasse gegenüberstehen (z. B. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Erholungsurlaub) vom Insolvenzverwalter zu zahlen sind.
Der Anspruch ergibt sich aus § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO als in vollem Umfang zu erfüllende Masseverbindlichkeit. Dies gilt zumindest sofern der vorläufige Insolvenzverwalter die Arbeitskraft zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch in Anspruch genommen hat. Maßgeblich ist insgesamt also lediglich die grundsätzliche Inanspruchnahme der Arbeitsleistung des Arbeitgebers für deren Einordnung als Masseverbindlichkeit. Im Falle der Feststellung einer Masseunzulänglichkeit kann die Urlaubsabgeltung unter bestimmten Konstellationen unter die Neumasseverbindlichkeit fallen. Ob das jedoch im jeweiligen Fall auch so ist, muss vorsorglich rechtskundig geprüft werden.
Ausblick
Schluss ist mit dem Schlussurteil des BAG jedoch noch lange nicht. Das BAG kündigte bereits im Teilurteil v. 10.09.2020 an, Rechtsprechungsänderungen zur Einordnung von stichtagsbezogenen Sonderzahlungen nachzuschieben.
Weiterhin wird die Entscheidung des BAG in Bezug auf die insolvenzspezifische Freistellung von der Arbeit erwartet. Unabhängig davon dürfte eine kurz vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgende Freistellung die Grenzen billigen Ermessens überschreiten und unzulässig sein.
Mit Spannung wird auch eine Vorlage des BGH an den gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wegen der offenkundigen Abweichung zur Rechtsprechung des BAG erwartet. Der BGH hat kürzlich noch in Bezug auf Mietforderungen im Monat der Verfahrenseröffnung an einer quotalen Berechnung unverändert festgehalten. Diese Entscheidung konkurriert jetzt mit den vorgenannten neuen Leitlinien im Arbeitsrecht.
Der Kampf zwischen Insolvenz– und Arbeitsrecht ist also noch längst nicht entschieden!