Arbeitnehmer die mit ihrem Betrieb am Firmenlauf teilnehmen und sich dabei verletzen, sind nicht als Beschäftigte gesetzlich unfallversichert. Ein Sturz gilt nicht als Arbeitsunfall.
Das bestätigte das LSG Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung vom 21.03.2023 – L 3 U 66/21.
Der Sachverhalt:
Es klagte eine 45 jährige Frau, die gemeinsam mit anderen Beschäftigten des Unternehmens am Berliner Firmenlauf teil. Sie nahm mit Inlinern teil. Der Firmenlauf selbst wurde von einem Berliner Sportverein organisiert. Die Veranstaltung stand neben Unternehmen und Organisationen auch Freizeitteams und Nachbarschaftsteams offen. An den sportlichen Teil schloss sich eine Siegerehrung sowie eine „Run-Party“ zum anschließenden gemeinsamen feiern an.
Die Klägerin kam kurz nach dem Start auf der Skaterstrecke auf nassem Untergrund zu Fall. Sie brach sich das rechte Handgelenk. In der Folge wurde sie operiert und war aufgrund eines aus dem Unfall folgenden Schmerzsyndroms für 1,5 Jahre arbeitsunfähig.
Die Unfallkasse lehnte es ab, diesen Vorfall als Arbeitsunfall anzuerkennen und die beantragten Haushaltshilfeleistungen wurden ebenfalls nicht zugesprochen. Daraufhin erhob die Frau Klage vor dem Sozialgericht.
Das Sozialgericht lehnte die Klage als unbegründet ab (Az.: S 25 U 139/20). Es habe sich nicht um eine Betriebsveranstaltung gehandelt.
Das LSG Berlin-Brandenburg bestätigt dieses Urteil nun.
Die Gründe:
Der Sturz steht laut den Gerichten nicht mit der Arbeitsbeschäftigung in engem rechtlichem Zusammenhang.
Firmenlauf ist kein Betriebssport
Der Firmenlauf sei nicht als Betriebssport zu qualifizieren. Denn solcher setze eine gewisse Regelmäßigkeit sowie das Ziel gesundheitlichen Ausgleichs voraus. Demgegenüber findet der Firmenlauf nur einmal jährlich statt und dient vorrangig dem Wettkampf. Dies folgt schon daraus, dass die Zeiten gemessen und Sieger in den verschiedenen Kategorien ausgezeichnet werden. Allein dass einige Beschäftigte in der Vorbereitung gemeinsam trainieren und unter einheitlichen Teamnamen antreten, führt zu keiner anderen Beurteilung. Es handele sich nicht um einen gesundheitlichen Ausgleich einer Arbeitsgruppe. Vielmehr schließen sich Beschäftigte des Unternehmens aufgrund ihrer sportlichen Leidenschaft zusammen.
Firmenlauf ist keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung
Weiteres tragendes Argument der Gerichte war, dass der Firmenlauf keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung ist. Der Firmenlauf habe ja gerade als Großveranstaltung mit anschließender Feier vielen Unternehmen und auch Einzelbewerbern offen gestanden. Er weise eher den Charakter eines Volksfestes auf. Zusätzlich nahm eben nur ein privater Kreis von interessierten Mitarbeitenden an dem Lauf teil. Währenddessen gab es kein anderweitiges Programm für den großen Teil der nicht teilnehmenden Beschäftigten. Für eine Charakterisierung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung muss diese den betrieblichen Zusammenhalt fördern. Das ist hier nicht gegeben. Auch, dass innerhalb des Unternehmens für die Teilnahme am Firmenlauf geworben wurde und der Arbeitgeber die Teilnahme an dem Lauf mit der Übernahme der Startgebühr und der Ausgabe von Lauftrikots mit Firmenlogo unterstützt hat, ändert hieran nichts.
Folgen für die Praxis:
Die gesetzliche Unfallversicherung haftet in diesem Fall nicht. Wer am Firmenlauf teilnimmt, tut dies auf eigenes Risiko.
Dem Verletzten bleibt in einem solchen Fall nur, sich an den Betreiber der Veranstaltung und dessen Haftpflichtversicherung oder an einen sonst Verpflichteten zu wenden und diesem gegenüber Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche geltend zu machen.
Der Erfolg der Geltendmachung solcher Ansprüche hängt von verschiedenen Umständen ab. So etwa von der Verteilung des Verschuldens oder ob als belasteter Partei der Darlegungslast genügt werden kann.
Nach einem Sturz ist es daher stets sinnvoll, Beweise zu sichern. Beispielsweise durch Fotos vom Unfallort, das Aufzeichnen von Zeugenaussagen sowie der Kontaktdaten der Zeugen. Nach einem Unfall sollte zudem unmittelbar ein ärztliches Attest eingeholt werden, um zu beweisen, dass die Verletzungen aus dem Unfall resultieren.
Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Die unterlegene Inlineskaterin kann bei dem Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.
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