1. Feuchtigkeit in der Mietwohnung – wer beseitigt den Schaden?

Viele Mieter kennen das Problem auftretender Feuchtigkeit in der Wohnung. Schnell kommt es zum Streit mit dem Vermieter darüber, ob es sich dabei um einen Mangel der Mietsache oder um einen Schaden aus dem Verantwortungsbereich des Mieters handelt. Dabei ist für die Beantwortung der Frage, ob ein Mangel vorliegt entscheidend, was nach dem Mietvertrag der vertraglich geschuldete Zustand der Mietwohnung ist. Soweit keine ausdrücklichen Abreden hierzu getroffen sind, ist durch Vertragsauslegung der geschuldete Vertragsgegenstand zu bestimmen. Wenn dieser vom tatsächlichen Zustand abweicht, liegt ein Mangel vor.

Dass bei Neubauten keine Feuchtigkeit in der Wohnung auftreten darf, ist obsolet. Ob der Mieter einer Altbauwohnung jedoch trockene Wände in seiner Wohnung oder sogar einen trockenen Keller erwarten darf, ist einzelfallabhängig.

Das AG Paderborn hat sich jüngst in seiner Entscheidung vom 30.09.2022 – 51 C 90/21 damit befasst.

2. AG Paderborn: Feuchtigkeit bei bauzeitgemäßem Altbau kein Mangel

Im vorliegenden Fall wurde eine Erdgeschosswohnung mit gesondertem Kellerraum in einem Haus mit Baujahr 1926 vermietet. Die Mieterin monierte den von Feuchtigkeit betroffenen Kellerraum, ebenso wie die feuchten Außenwände im Sockelbereich der Wohnung in den Bereichen Schlafzimmer, Flur und Wohnzimmer bis zur Höhe von 1m. Betroffen waren auch eine Innenwand im Schlafzimmer. In der Folge waren Salzausblühungen an den Wänden entstanden und teilweise bröckelte der Wandputz. Zu Schimmelbildungen kam es jedoch nicht.

Die Mieterin verlangte von ihrem Vermieter Mängelbeseitigung und die Feststellung eines Minderungsrechts.

Das AG Paderborn hat die Klage abgewiesen. Es sieht keinen Mangelbeseitigungsanspruch der Mieterin. Zwar hat der Sachverständige festgestellt, dass die Mieterin die Feuchtigkeitsbildung durch richtiges Heizen und Lüften nicht hätte beeinflussen können. Jedoch führten die Feststellungen des Sachverständigen über die in der Mietsache liegenden Gründe für die Feuchtigkeitsbildung nicht zur Annahme eines Mangels. Nach dem Sachverständigen konnte durch die Wohnungseingangstür Niederschlagswasser nahezu ungehindert Niederschlagswasser eindringen und dass es bauzeittypisch keine Horizontalabdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit aus den Kellerwänden käme. Das Gericht argumentierte, dass derart hohe Feuchtigkeitswerte für Kellerräume von Altbauten bauzeit- und bauarttypisch seien. Kellerräume seien seinerzeit nämlich nur zur Lagerung von Lebensmitteln und Kohlen vorgesehen gewesen, nicht aber die Lagerung feuchtigkeitsempfindlicher Gegenstände.

Bezüglich der Feuchtigkeit innerhalb der Wohnung sei ein Mangel deshalb ausgeschlossen, weil auch die Gebäudeabdichtungen den üblichen Standards der Bauzeit entsprächen. Zwar sei das eindringende Wasser durch die Wohnungstür nicht mit bauzeittechnischer Begründung zu erklären. Dass dadurch der Wandputz abbröckele, stelle aber nur eine unerhebliche Beeinträchtigung des Gebrauchs der Mietsache dar. Die Gefahr der Schimmelbildung sei aus Sicht des Gerichts nicht hoch, da bisher auch kein Schimmel entstanden sei. Das Abbröseln des Wandputzes mindere die Nutzbarkeit der Wohnung kaum uns sei daher unerheblich.

Vor diesem Hintergrund verneinte das Gericht das Vorliegen eines Mangels und betrachtete die Altbauwohnung trotz baulich bedingter Feuchtigkeit als vertragsgemäß.

3. Bedeutung des Urteils im Gesamtkontext

Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die keine weiter gehende Bedeutung für die Praxis hat. Ob andere Gerichte ebenso entscheiden würden, ist fraglich. Denn nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. V. 05.12.2018 – VIII ZR 271/17) ist einzige Voraussetzung für das Vorliegen eines Mangels, dass der vertraglich geschuldete Zustand vom tatsächlichen Zustand negativ abweicht. Eine Instandhaltungspflicht besteht somit auch bei unerheblichen Mängeln. Lediglich für den Anspruch auf Mietminderung ist die Frage entscheidend, ob die Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache erheblich ist. Ein Instandhaltungsanspruch gegenüber dem Vermieter besteht aber auch bei geringfügigen Beeinträchtigungen des vertraglichen Gebrauchs.

Insoweit verkennt das AG Paderborn, dass Instandhaltung und Minderung rechtlich auseinanderfallen.

In dem zitierten BGH-Urteil beschäftigte sich der Senat ebenfalls mit einer Altbauwohnung. Jedoch ging es im dortigen Fall lediglich um die Bildung von Kondensfeuchtigkeit. Nicht aber um eine regelrechte Durchfeuchtung, wie im Fall des AG Paderborn. Aus einem weiteren Urteil des BGH (Urt. V. 04.05.2018 – V ZR 203/17) ist vielmehr ersichtlich, dass eine solche Durchfeuchtung immer als Mangel bewertet wird. Dort heißt es unter anderem „massive Durchfeuchtungen müssen weder in Wohnungs- noch in Teileigentumseinheiten hingenommen werden, und zwar auch dann nicht, wenn gesundheitsschädlicher Schimmel noch nicht aufgetreten ist“. Aus etwaigen Baustandards lasse sich „nicht ableiten, dass in älteren oder in einfachen Bauten auch gravierende bauliche Mängel hingenommen werden müssten, die die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten … erheblich beeinträchtigen“

Auch die Feststellungen des AG Paderborn zur Einschätzung, dass feuchte Wände ohne Schimmelbildung keinen Mangel darstellen würden, findet in der sonstigen Rechtsprechung keine Entsprechung. Der BGH geht vielmehr davon aus, dass derartige Durchfeuchtungen schon „wegen der erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf Wohnkomfort und Gesundheit sowie den optischen Eindruck“ zu beseitigen wären. Ansonsten sei eine erhebliche Tauglichkeitsminderung anzunehmen.

4. Fazit für die Praxis

Bei Feuchtigkeitsschäden in der Mietwohnung und Streitigkeiten mit dem Vermieter wer hierfür verantwortlich ist, lohnt sich der Besuch beim Anwalt in jedem Fall.

 

 

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